Eine Situation, die niemanden kalt lässt. Der Pflegenotstand ist ein allgegenwärtiges Problem in Deutschland – doch auf dem Land spitzt sich die Situation teilweise dramatisch zu. Mit einer zunehmend älteren Bevölkerung wächst die Nachfrage an qualifizierten Pflegekräften, während gleichzeitig ein akuter Fachkräftemangel besteht. In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen in urbanen Regionen führt dies zu erhöhtem Stress und Arbeitsaufkommen für die verbliebenen Angestellten. Auf dem Land ist die Situation noch prekärer. Dort haben Hilfesuchende zunehmend Schwierigkeiten, überhaupt einen ambulanten Pflegedienst oder eine Betreuungseinrichtung zu finden. Der Pflegenotstand droht sich akut zu verschärfen. Welche Lösungen gibt es, um den Pflegenotstand auf dem Land zu verbessern?

Was ist ein Pflegenotstand und wann spricht man davon?

Pflegenotstand bezeichnet die Situation, in der die Nachfrage nach Pflegeleistungen das Angebot an verfügbaren Pflegekräften deutlich übersteigt. Dies führt zu einer Überlastung der vorhandenen Pflegekräfte, einer Verschlechterung der Pflegequalität und im schlimmsten Fall zur Nichtversorgung von Pflegebedürftigen. Selbst wenn ausreichend Pflegekräfte vorhanden sind, können hohe Patientenzahlen pro Pflegekraft zu einer Unterversorgung führen. Die Pflegekräfte haben nicht genügend Zeit, um sich angemessen um jeden Patienten kümmern und können somit ihre Leistungen nicht mehr im notwendigen Umfang erbringen. In ländlichen oder unterversorgten Gebieten kann der Pflegenotstand auch bedeuten, dass bestimmte Dienstleistungen nicht verfügbar sind, was die Versorgung der Patienten einschränkt.

Ursachen für den Pflegenotstands auf dem Land

Demografischer Wandel

In Deutschland ist der Pflegenotstand auf dem Land besonders ausgeprägt und eng mit der demografischen Entwicklung verknüpft. Die Bevölkerung altert, und der Anteil älterer Menschen, insbesondere der über 80-Jährigen, wächst rasant. Faktoren wie der Rückgang der Geburtenraten und die Abwanderung junger Menschen aus ländlichen Regionen verschärfen die Situation, insbesondere in strukturschwachen Gebieten.

Personalmangel

Auf dem Land herrscht ein akuter Mangel an Pflegekräften. Dies liegt unter anderem daran, dass viele junge Menschen in die Städte ziehen, um dort bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu finden. Gleichzeitig entscheiden sich viele Pflegekräfte aufgrund der hohen Belastung und der schlechten Bezahlung, den Beruf zu wechseln oder nur noch in Teilzeit zu arbeiten.

Steigende Kosten

Die Betriebskosten für ambulante Pflegedienste sind in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Dies betrifft insbesondere die Kosten für Personal, Benzin und Bürokratie. Viele Pflegedienste ziehen sich daher aus ländlichen Gebieten zurück, da sich der Betrieb dort nicht mehr rentiert.

Schließung von Praxen der Landärzte

Auch Ärzte auf dem Land haben Schwierigkeiten, Nachfolger zu finden. Dies führt zur Schließung von Praxen, wenn der Landarzt in den Ruhestand geht und verschärft die medizinische Unterversorgung in ländlichen Gebieten.
Ohne ausreichende ärztliche Versorgung wird auch die Pflegesituation schwieriger, da viele Pflegebedürftige regelmäßig ärztliche Betreuung benötigen.

Folgen des Pflegenotstands auf dem Land

Versorgungsengpässe

Pflegebedürftige Menschen auf dem Land haben oft große Schwierigkeiten, einen ambulanten Pflegedienst oder eine Betreuungseinrichtung zu finden. Viele erhalten Absagen aufgrund des Personalmangels, was zu einer erheblichen Verschlechterung ihrer Lebensqualität führt.

Isolation und Umzüge

Ohne ausreichende Pflegeangebote sind viele Senioren gezwungen, in Pflegeheime in städtischen Gebieten umzuziehen, was ihre soziale Isolation verstärken kann.
Wer keine Familienangehörigen in der Nähe hat, ist oft komplett auf sich alleine gestellt.

Überlastung der verbliebenen Pflegekräfte

Die wenigen Pflegekräfte, die auf dem Land verbleiben, sind oft überlastet und können die notwendige Pflegequalität nicht mehr gewährleisten. Pflegebedürftige können nicht mehr mit der erforderlichen Aufmerksamkeit und Sorgfalt gepflegt werden. Dies führt zu einem Teufelskreis aus Frustration der Pflegefachkräfte, Burnout und weiterem Personalmangel.

Pflegenotstand auf dem Land verbessern: Mögliche Lösungsansätze

Verbesserte Arbeitsbedingungen und Bezahlung

Um mehr Fachkräfte für die Pflege im ländlichen Raum zu gewinnen, müssen sich die Arbeitsbedingungen insgesamt verbessern.

Die Bezahlung sollte den Anforderungen und der Verantwortung des Pflegeberufs gerecht werden. Dies kann durch eine Anpassung der Gehälter an die Marktentwicklung geschehen. Finanzielle Unterstützung für die Kinderbetreuung stellt zum Beispiel eine erhebliche Entlastung für Pflegekräfte dar, die oft mit hohen Lebenshaltungskosten konfrontiert sind. Anreize für Boni für besondere Leistungen oder Überstunden tragen dazu bei, die Motivation zu steigern und Pflegekräfte in ihrem Beruf zu halten. Neben dem Gehalt steigern auch andere Vergünstigungen wie betriebliche Altersvorsorge, Gesundheitsleistungen oder Zuschüsse für Kinderbetreuung die Attraktivität des Berufs.
Flexible Arbeitszeitmodelle, Teilzeitangebote und die Möglichkeit, Schichten selbst zu gestalten, verbessern die Work-Life-Balance der Pflegekräfte. Regelmäßige Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten ermöglichen es Pflegekräften, sich beruflich weiterzubilden und ihre Fähigkeiten zu steigern. Psychologische Unterstützung wie Supervision oder Coaching helfen zusätzlich, Stress zu reduzieren.

Gemeindepflegerinnen und Gemeindehelfer

Eine mögliche Lösung sind Gemeindepflegerinnen, die in den Gemeinden fest angestellt sind und sich um die Pflegebedürftigkeit vor Ort kümmern. Diese können auch präventive Hausbesuche machen und die medizinische Versorgung koordinieren.

Bürokratieabbau

Tatsächlich ist die hohe Bürokratie ein großes Problem der Pflegekräfte. Unnötige Dokumentations- und Reporting-Pflichten sollten abgebaut werden, um mehr Zeit für die direkte Patientenversorgung zu schaffen. Zusätzliches Verwaltungspersonal, das Pflegekräfte von Bürokratie entlastet, wäre sehr hilfreich. Solche „Kümmerer“ könnten beispielsweise Anträge stellen oder Rechnungen bearbeiten.

Förderung digitaler Lösungen

Telemedizin und digitale Pflegedienste helfen zusätzlich, die Situation zu verbessern. Durch den Einsatz moderner Technologien haben Pflegekräfte die Möglichkeit, effizienter zu arbeiten und auch in abgelegenen Gebieten eine Grundversorgung sicherstellen. Eine stärkere Digitalisierung von Verwaltungsabläufen in der Pflege spart viel Zeit. Intelligente Dokumentationssysteme und digitale Kommunikationen reduzieren die Schreibarbeit.

Ausbau der pflegerischen Infrastruktur

Viele Pflegeeinrichtungen haben große Mühe, offene Stellen zu besetzten, was die Arbeitsbelastung des vorhandenen Personals stark erhöht. Hinzu kommt, dass die Erreichbarkeit von Pflegeangehörigen oft schwierig ist, da die Distanzen größer sind. Der Mangel an wohnortnahen bedarfsgerechten Versorgungsangeboten stellt pflegebedürftigen Menschen und ihre Familien vor enorme Herausforderungen. Eine flächendeckende Versorgung im ländlichen Raum erfordert den Ausbau von Pflegeeinrichtungen, Tagespflegen und mobilen Diensten. Hier sind große Investitionen notwendig.

Unterstützung durch Krankenkassen und Pflegekassen

Als Kostenträger für pflegerische Leistungen können Krankenkassen und Pflegekassen gezielte finanzielle Impulse setzen, um den Ausbau der Infrastruktur und die Schaffung neuer Versorgungsangebot zu schaffen, und um Pflegepersonal auf dem Land zu halten oder zu gewinnen. Durch Förderangebote, Investitionszuschüsse und innovative Vergütungsmodelle tragen Krankenkassen und Pflegekassen einen Teil dazu bei, die Attraktivität der Pflege zu steigern und die Gewinnung von Fachkräften zu erleichtern. Darüber hinaus fungieren die Kostenträger als Partner für Kommunen und Pflegeeinrichtungen, um bedarfsgerechte, dezentrale Versorgungskonzepte zu entwickeln, die spezifischen Herausforderungen der ländlichen Pflege Rechnung tragen. Wenn beispielsweise Senioren länger zu Hause versorgt werden können, spart das letztlich Kosten, die sonst für stationäre Pflege anfallen würden.

Fazit:

Der Pflegenotstand auf dem Land ist ein ernsthaftes Problem für die betroffenen Menschen. Es bedarf umfassender Maßnahmen und einer gemeinsamen Anstrengung von Politik, Krankenkassen, Pflegeeinrichtungen und der Gesellschaft, um diesen Notstand entgegenzuwirken. Nur durch innovative Lösungen, verbesserte Arbeitsbedingungen und gezielte finanzielle Unterstützung kann die Pflegeversorgung auf dem Land nachhaltig gesichert werden.

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