Ob Maskenpflicht, Geschäftsöffnungen oder Gottesdienste: Die Bundesländer gehen bei der Corona-Bekämpfung eigene Wege. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier mahnt angesichts dieser Vielfalt Bund und Länder zu mehr Einigkeit: „Wir dürfen nicht durcheinanderlaufen wie ein Hühnerhaufen und uns gegenseitig abwechselnd mit Verschärfungen und Lockerungen überbieten.“
Auch Kanzlerin Angela Merkel hat die Diskussionen über weitergehende Lockerungen der Corona-Beschränkungen außergewöhnlich scharf kritisiert. In einer Schaltkonferenz des CDU-Präsidiums habe sie deutlich gemacht, wie unzufrieden sie sei, dass die Botschaft vorsichtiger Lockerungen in einigen Ländern zu „Öffnungsdiskussionsorgien“ geführt habe.
Damit Du trotzdem nicht den Überblick verlierst welche Lockerungen in Deinem Bundesland gelten haben wir eine grobe Übersicht für dich erstellt. Genaue Informationen für das jeweilige Bundesland, in dem Du Dich befindest, findest du auf den Internetseiten der Landesregierungen und Staatsministerien für Pflege und Gesundheit.
Wiedereröffnung der Geschäfte
Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, dass alle Geschäfte mit einer Fläche bis 800 Quadratmetern wieder öffnen dürfen. Dabei diente als Orientierung, dass laut Baurecht Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern als Sonderbauten gelten. Auch Kfz-, Fahrradhändler und Buchhandlungen dürfen ab Montag wieder Kunden empfangen – unabhängig von ihrer Größe.
Soweit so gut. Doch so einfach ist es mit der Wiedereröffnung der Geschäfte dann doch nicht. Denn für die Umsetzung des Beschlusses sind die Länder verantwortlich, wodurch es zahlreiche Abweichungen von der 800-qm-Regel gibt. Kritiker sprechen wegen der unterschiedlichen Regelungen von einem Flickenteppich.
In Rheinland-Pfalz, Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen und dem Saarland dürfen zudem auch größere Läden aufmachen, wenn sie ihre Verkaufsfläche „unmissverständlich und klar abgetrennt“ auf 800 Quadratmeter reduzieren. In Schleswig-Holstein, Brandenburg und Niedersachsen dürfen darüber hinaus auch Geschäfte mit bis zu 800 Quadratmetern öffnen, die in Einkaufszentren liegen.
In Sachsen-Anhalt hingegen orientiert sich die Genehmigung für eine Öffnung allein an der im Miet- oder Pachtvertrag vermerkten Größe des Geschäfts. Inhaber dürfen ihre Geschäfte nicht teilweise öffnen oder verkleinern.
In einigen Regionen sollen außerdem Zoos und Tierparks Ihre Tore für Besucher wieder öffnen dürfen. In Sachsen dürfen ab Montag wieder Gottesdienste mit einer beschränkten Zahl von Teilnehmern gehalten werden. Nordrhein-Westfalen möchte bereits im ersten Schritt zusätzlich Möbelhäuser und Babyfachmärkte öffnen lassen.
Nicht alles ändert sich am Montag
Wie bei der Auslegung der 800-qm-Regel gibt es auch Unterschiede beim Starttermin: In Berlin und Brandenburg etwa öffnen die Geschäfte erst am Mittwoch wieder, in Thüringen gehen die Gitter am 24. April wieder hoch. Bayern wiederum unterscheidet zwischen der Größe und Art der Geschäfte. Gärtnereien, Bau- und Gartenmärkte können am Montag wieder öffnen, die kleineren Läden sowie alle Auto-, Fahrrad- und Buchhändler folgen eine Woche später.
Welche Einschränkungen sind beim Einkaufen zu erwarten?
Für die Wiedereröffnung der Geschäfte gibt es Auflagen: Wie bislang schon im Lebensmittelhandel werden auch beim Mode- oder Bücherkauf künftig Schutzmasken, Abstandsmarkierungen und Einlass-Kontrollen das Bild der Geschäfte prägen. Außerdem könnte an den Eingängen der Geschäfte kontrolliert werden, wie viele Personen gleichzeitig im Laden sind, um den weiterhin geltenden Sicherheitsabstand von mindesten 1,50 Metern noch besser einhalten zu können.
Maskenpflicht oder Maskengebot?
Die Bundesregierung gab bisher nur ein generelles Maskengebot bekannt – Also eine „dringende Empfehlung“, aber keine Anordnung. Das reicht einigen Bundesländern nicht: In Sachsen gilt bereits eine Tragepflicht in Bussen, Bahnen und Geschäften. Mecklenburg-Vorpommern schreibt einen Mund-Nasen-Schutz ab 27. April in öffentlichen Verkehrsmitteln und Taxis vor. Auch in Bayern gilt ab dem 27. April eine Maskenpflicht in Ladenlokalen und im öffentlichen Nahverkehr. Auch haben bereits einzelne Städte und Kommunen eine Maskenpflicht beschlossen, wie beispielsweise Wolfsburg, Jena oder Sulz am Neckar.
Für die Empfehlung von Bund und Ländern reichen alle Masken, die Mund und Nase bedecken. Auch einfach Mundschutze, selbst genähte Stoffmasken oder Schals sind ausreichend. Zertifizierte Masken sind nicht nötig – selbst einfache Mund-Nasen-Schutzmasken, auch OP-Masken genannt, müssen es nicht sein. Atemschutzmasken, sogenannte „Filtering Facepieces“ (abgekürzt FFP) sollen dem Personal in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen vorbehalten bleiben.
Wo gibt es Schutzmasken
Mund-Nasen-Schutzmasken sind etwa in Apotheken oder im Sanitätshandel erhältlich, allerdings wegen der hohen Nachfrage aktuell häufig ausverkauft. Etliche Schneidereien bieten selbst genähte Masken an. Online werden inzwischen auch wiederverwendbare „Nase-Mund-Masken“ aus Plastik verkauft, bei denen handelsübliche Papiertaschentücher als Filter eingelegt werden können.
Welchen Schutz bieten die Masken
Wer einen Mund-Nasen-Schutz trägt, verringert nach Einschätzung der meisten Experten die Infektionsgefahr für andere Menschen, weil dadurch im gewissen Umfang Tröpfchen beim Sprechen, Niesen oder Husten aufgefangen werden. Vor einer Ansteckung des Trägers mit dem Coronavirus schützen die einfachen Masken aber nicht. Doch es gibt auch nützliche Nebeneffekte. So könnte das Tragen von Masken dafür sorgen, dass Menschen mehr Distanz zueinander halten.
Was muss beim Tragen der Masken beachtet werden?
Wichtig ist, wie die Maske getragen wird. Der Stoff muss Mund und Nase bedecken. Beim An- und Ausziehen sollte darauf geachtet werden, dass aufgefangene Tröpfchen nicht über die Hände verteilt werden.
Kann ich selbst hergestellte Masken öfter tragen?
Ja, das sei problemlos möglich, sagt Bernd Salzberger, Infektiologe am Universitätsklinikum Regensburg. Um die Maske zu reinigen, reiche es aus, sie bei 60 Grad zu waschen oder sie zu bügeln. Nach Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sollte der Stoff möglichst eng gewebt sein.
Hier findest Du Tipps und Tricks fürs Maskennähen:
Verschiedene Anleitungen zur Herstellung eines Mund-Nasen-Schutzes aus Stoff gibt es beispielsweise auf „maskmaker.de“ – ein Projekt, das kürzlich im Rahmen eines von der Bundesregierung initiierten Hackathons entstanden ist. Über die Homepage können selbst genähte Masken auch an Pflegeeinrichtungen gespendet werden. Für Hobby-Näher gibt es außerdem auf YouTube zahlreiche Tutorials.
Warum ist die Beschaffung der Schutzmasken so schwierig?
Der Markt ist angesichts der weltweiten Coronavirus-Krise sehr umkämpft – alle wollen gerade die gleichen wichtigen Materialien. Die Preise sind in den vergangenen Wochen deutlich angestiegen. Gesundheitsminister Jens Spahn erklärte kürzlich, dass Masken vor der Krise zwischen sechs und 17 Cent das Stück gekostet hätten – nun wären sie mehrere Euro teuer.
Wie sorgt die Bundesregierung für Masken-Nachschub?
Das Bundesgesundheitsministerium ist mit verschiedenen deutschen Unternehmen wie Trigema und Eterna in Gesprächen, um Anreize zu schaffen, die nationale Produktion von Schutzausrüstung zu steigern. Zudem nutzt die Regierung die Einkaufs- und Lieferketten von Unternehmen wie Lufthansa, VW, Daimler, BASF und Otto, um auf dem internationalen Markt Masken zu kaufen. „Die Unternehmen kaufen in Abstimmung und in unserem Auftrag, das Ministerium gibt die Käufe frei“, erklärte das Gesundheitsministerium gegenüber tagesschau.de.
In den vergangenen zweieinhalb Wochen habe man so rund 80 Millionen Schutzmasken kaufen können. Kritiker bemängeln, die Regierung habe diesen Schritt zu spät gemacht und so wertvolle Zeit verloren. Stattdessen habe man den Maskenkauf zu lange in die Hände des Beschaffungsamts vom Bundesverteidigungsministerium gelegt.
Diese Einschränkungen bleiben erhalten
Trotz erster Lockerungen bleiben viele Einschränkungen weiter erhalten. Die Kontaktbeschränkungen sind bis einschließlich 3. Mai verlängert worden. Weiterhin gilt: Außerhalb des eigenen Haushaltes ist ein Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen einzuhalten. Im öffentlichen Raum solltest Du möglichst allein oder nur mit Personen des eigenen Hausstandes unterwegs sein. Ab Montag, 20. April 2020, ist es zudem erlaubt mit einer weiteren Person außerhalb des eigenen Hausstandes persönlichen Kontakt zu haben.
Großveranstaltungen bleiben bis 31. August verboten. Bars und Restaurants müssen vorerst ebenfalls geschlossen bleiben. Lieferungen sowie Angebote zum Mitnehmen oder zur Selbstabholung bleiben weiterhin erlaubt. Geschlossen bleiben weiterhin Kultureinrichtungen, Schwimmbäder, Spielplätze, Fitnesscenter, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe. Friseure dürfen ab 4. Mai wieder aufmachen.
Außerdem gilt trotz der neuen Lockerungen weiterhin der Leitsatz: Wir bleiben Zuhause! Daher solltest du möglichst auf vermeidbare Reisen – auch zu Verwandten – weiterhin verzichten. Touristische Übernachtungen sind nicht gestattet. Für Auslandsreisen gilt weiterhin die weltweite Reisewarnung.
Quellen: Tagesschau.de, Süddeutsche Zeitung, Merkur, Focus Online