10.300 Menschen haben sich 2023 in Deutschland das Leben genommen. Das sind 28 Menschen jeden Tag. Von den Suiziden hierzulande fallen allein 73 Prozent auf Männer. Männer gehen mit psychischen Problemen anders um – oftmals versuchen sie allein dagegen anzukämpfen.

Der Movember soll auf die Bedeutung der mentalen Gesundheit bei Männern aufmerksam machen und auch körperliche (männerspezifische) Erkrankungen wie Prostatakrebs oder Hodenkrebs in das Bewusstsein rücken. Der Schnurrbart steht hierfür nicht nur als ein Zeichen, sondern ist auch Werkzeug, um dafür Aufmerksamkeit zu erregen.

Movember – was ist das?

Was 2003 in einer Bar in Melbourne begann, hat sich zu einer weltweiten Bewegung mit über sechs Millionen Anhängern entwickelt. Die beiden Australier Travis Garone und Luke Slattery scherzten bei einem Bier, den Schnurrbart als Fashion Trend zurückzubringen und haben eine Bewegung angestoßen, deren Zielsetzung so gut wie nichts mit Mode zu tun hat.

Inspiriert von der Mutter eines Freundes, die sich im Fundraising für Brustkrebs engagierte, beschlossen sie ihr Vorhaben der Aufmerksamkeit für Prostatakrebs und allgemein Männergesundheit zu widmen. In jenem November 2003 schlossen sich dem (noch) „Spaß” 30 Freunde an, was den Stein für die Professionalisierung des Movembers ins Rollen brachte.

Heute ist die Movember Stiftung eine weltweit in 20 Ländern agierende Wohltätigkeitsorganisation mit Sitz in Australien und viele Männer verbinden den November mit dem Movember. Seit dem Geburtsjahr wurden mit den gesammelten Spenden weltweit über 1.320 Projekte zur Männergesundheit unterstützt. 2023 kamen durch die Teilnahme von Mo Bros mit über 311.249 Schnurrbärten Spenden in Höhe von 83,1 Millionen Euro zusammen.

Der Schnurrbart als „Mo”

Die Regeln sind simpel:

Teilnehmende am Movember, die sog. Mo Bros, rasieren sich am 1. November ihr Gesicht komplett glatt. Den gesamten November über wird dann nur der Schnurrbart (englisch mustache) wachsen gelassen. Der Rest muss kahl gehalten werden – ohne Schummeln.

Die Idee dahinter:

Den Schnurrbart als Gesprächseinstieg verwenden, um auf das Thema Männergesundheit aufmerksam zu machen. Bei einigen Männern wächst ein Schnurrbart nicht ästhetisch, anderen wiederum stehe er vermeintlich nicht und andere tragen eigentlich keinen Bart. In jedem Fall wird das Umfeld darauf aufmerksam und der Mo Bro kann den Hintergrund zum Schnurrbart erklären. Dadurch macht er nicht nur auf das Thema Männergesundheit aufmerksam, sondern sammelt im Idealfall auch Spenden.

Das Ziel des Movembers:

Männer sollen sich gegenseitig motivieren und daran erinnern, zu regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen auf Prostatakrebs und Hodenkrebs zum Urologen zu gehen.

Auch das Thema Mental Health bei Männern soll mithilfe des Movembers offensiv angegangen werden. Männer tendieren dazu, ihre seelische Gesundheit zu vernachlässigen, Probleme vor anderen zu verbergen und Diese stattdessen in sich zu vergraben. Depressionen, selbstzerstörerische Tendenzen bis hin zum Suizid gehören zu den verheerenden Auswirkungen.

Auf der offiziellen Movember Website können sich Mo Bros ganz unkompliziert ihren Spendenaccount anlegen. Hier können sie ihre persönliche Motivation bekannt geben, Fortschritte ihres Schnurrbarts präsentieren und diesen Profil-Link mit denen teilen, die für ihren Mo spenden möchten.

Was bedeutet Männergesundheit?

Die Lebenserwartung von Männern in Deutschland liegt mit 78,3 Jahren etwa fünf Jahre unter der von Frauen mit 83,2 Jahren (Stand 2023). „Daher müssen die Besonderheiten in der Gesundheit und im Gesundheitsverhalten von Frauen und Männern in der Gesundheitsversorgung, Prävention und Gesundheitsförderung besonders berücksichtig werden”, heißt es auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit.

Unter Männergesundheit versteht man gesundheitliche Themen, die speziell Männer betreffen. Dazu gehören nicht nur körperliche Erkrankungen, sondern auch die mentale Gesundheit.

Prostatakrebs

Prostatakrebs ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Männern und eine der Hauptursachen für krebsbedingte Toddesfälle. 2022 sind 74.895 Männer an Prostatakrebs erkrankt – 15.196 sind im gleichen Jahr daran gestorben.

Die Gefahr bei Prostatakrebs ist, dass er bei vielen Männern in den frühen Stadien keine Symptome verursacht und daher erst relativ spät erkannt wird.

Zu den Prostatakrebs Symptomen gehören:

  • Häufiger Harndrang (v.a. nachts)
  • Schwierigkeiten beim Urinieren – sowohl beim Beginnen als auch beim Zurückhalten
  • Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen
  • Blut im Urin oder Sperma
  • Erektionsprobleme
  • Schmerzen bei der Ejakulation
  • Häufig auftretender Schmerz oder Versteifung im unteren Rücken, in den Hüften oder Oberschenkeln

Das Risiko für Prostatakrebs steigt mit dem Alter, aber auch bei familiärer Vorbelastung. Eine frühzeitige Vorsorgeuntersuchung (ca. ab 45 Jahren) ist daher für viele erwachsene Männer sinnvoll. Der Movember soll hierfür das Bewusstsein schärfen und bewirken, dass sich Männer gegenseitig für eine Vorsorgeuntersuchung motivieren.

Hodenkrebs

Hodenkrebs tritt hierzulande zwar seltener als andere Krebsarten auf, betrifft aber vor allem jüngere Männer zwischen 20 und 40 Jahren. 2020 erkrankten 4.060 Männer an Hodenkrebs – für 197 endete die Erkrankung tödlich.

Die Überlebenschancen bei Hodenkrebs sind verhältnismäßig gut, sofern er rechtzeitig erkannt wird. Hierfür können Männer bereits regelmäßige Selbstuntersuchungen durchführen, etwa durch Abtasten auf Veränderungen nach dem Duschen.

Denn das häufigste Anzeichen für Hodenkrebs ist eine spürbare oder gar sichtbare Veränderung am Hoden. Ob Knötchen, Verhärtungen, Schwellungen oder andere Veränderungen (z.B. Vergrößerung, Verkleinerung). Auch Schmerzen im Unterbauch oder in der Leiste können ein Anzeichen sein.

Bevor man sich allerdings verrückt macht, empfiehlt sich auch hier die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung, wofür der Movember anregen soll.

Mentale Gesundheit bei Männern

Wie eingangs beschrieben ist die Anzahl an Suiziden unter Männern deutlich höher als bei Frauen. Das hat unterschiedliche Gründe, die Wurzel liegt jedoch in der mentalen Gesundheit bei Männern.

„Ein Junge weint nicht” haben die meisten in ihrer Kindheit gehört. Es ist Teil des gesellschaftlichen Rollenklischees, dass Männer stark sein müssen, keine Schwäche zeigen dürfen und Emotionen (natürlich ausgenommen von Wut) unmännlich sind.

Das bedeutet allerdings nicht, dass Männer solche Gefühle nicht haben. Sie tendieren nur dazu, diese in sich zu verbergen. Probleme, Stress und Depressionen mit sich selbst auszumachen. Es fällt ihnen schwerer sich gegenüber anderen Menschen zu öffnen oder einfach um Hilfe zu fragen.

Dieses Unterdrücken von Schmerz und Emotionen geht nur eine gewisse Zeit lang gut und äußert sich in Depressionen oder destruktivem Verhalten – oftmals auch gegen einen selbst. Denn toxische Männlichkeit kann sich nicht nur nach außen gegenüber andere richten. Das dadurch bedingte Verhalten ist auch bedrohlich für den Mann selbst. Folgen können erhöhte Risikobereitschaft seine, unachtsamer Umgang mit dem eigenen Körper (z.B. exzessiver Alkohol und Drogenkonsum), bipolare Stimmungsschwankungen oder auch als letzte Stufe der Suizid.

Redet miteinander Männer!

Ausgleich (egal ob sportlich oder geistig) hilft dabei, Stress und Depressionen vorzubeugen und die mentale Gesundheit zu stärken. Psychische Probleme und Erkrankungen kommen jedoch auch manchmal aus dem Nichts – dann oftmals besonders hart.

Männer müssen allgemein mehr über ihre Gefühlslagen, Ängste und Sorgen sprechen. Vor allem jedoch in schwierigen Lebensphasen. Man(n) muss nicht alles allein durchstehen. Freunde und Familie können dabei helfen schwere Lasten zu tragen.

Jeder ist gefordert, auf Anzeichen zu achten, die auf ein stark verändertes Verhalten seiner Liebsten hindeuten. Fragt nach, wenn ihr das Gefühl habt jemand zieht sich sozial zurück, macht eine körperliche Veränderung durch oder verhält sich anders als sonst.

Wer meint allein zu sein, niemanden zum Reden zu haben oder seinem Umfeld nicht zur Last zu fallen, kann sich in einem ersten Schritt immer kostenfrei an die Telefonseelsorge unter 0800 111 0 111 wenden. Speziell geschulte (hauptberufliche oder ehrenamtliche) empathische Menschen am anderen Ende der Telefonleitung hören zu und wissen genau, welche folgenden Schritte unternommen werden können.

Movember nicht nur für Mo Bros – auch Mo Sisters

Mittlerweile gibt es mehrere Wege, sich im Rahmen des Movembers zu organisieren und zur Männergesundheit beizutragen. Auch Frauen können für ihre Freunde, Partner, Familienangehörige auf Männergesundheit aufmerksam machen.

Mo Sisters (und Bros) können alternativ zum Schnurrbart auch über den November verteilt mindestens 60 Kilometer joggen. Die 60 Kilometer stehen dabei für die 60 Männer, die weltweit in jeder Stunde durch Suizid sterben.

Weitere Möglichkeiten, sich im Rahmen des Movembers zu organisieren sowie weitere Informationen zum Movember oder über Männergesundheit, sind auf der Website zu finden.

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