Fast jeder zehnte Deutsche, also rund 7,9 Millionen Menschen in Deutschland gilt als schwerbehindert. Menschen mit Behinderung haben das Recht auf gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, doch in der Realität gibt es noch viele Hürden.

Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung ist ein wichtiger Anlass, auf diese Themen mit vielen Aktionen und Veranstaltungen aufmerksam zu machen.

Hintergrund zum Tag der Menschen mit Behinderung

Am 3. Dezember ist der internationale Tag der Menschen mit Behinderung. Die Vereinten Nationen (UNO) haben diesen Tag zum ersten Mal 1993 ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für die Rechte und das Wohlergehen von Menschen mit Behinderungen zu fördern. Menschen mit Behinderungen gehören weltweit zu den am stärksten benachteiligten Gruppen. An diesem Tag werden Veranstaltungen und Aktivitäten in der ganzen Welt organisiert. Zum einen, um auf die Herausforderungen aufmerksam zu machen, mit denen Menschen mit Behinderungen konfrontiert sind. Zum anderen, um die Inklusion in der Gesellschaft zu unterstützen, mit dem Ziel, Barrieren abzubauen und Chancengleichheit zu schaffen.

Wer zählt als Mensch mit Behinderung in Deutschland?

In Deutschland wird der Begriff „Behinderung“ oft im Rahmen des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) definiert. Als Mensch mit Behinderung gilt, wenn jemand durch eine körperliche, geistige oder seelische Funktion dauerhaft beeinträchtigt ist und diese die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft einschränkt. Diese Beeinträchtigungen müssen länger als sechs Monate bestehen und von dem für das Lebensjahr typischen Zustand abweichen.
Das betrifft beispielsweise Menschen mit einer Querschnittslähmung, aber auch nicht offensichtliche Beeinträchtigungen wie chronische Erkrankungen oder psychische Probleme, die das Leben im Alltag und die Teilhabe an der Gesellschaft einschränken.
Eine Behinderung hängt nicht nur von den gesundheitlichen Einschränkungen einer Person ab, sondern auch von Umständen und Barrieren, die diese Defizite verstärken. Behinderungen sind somit nicht nur ein persönliches Thema, sondern werden zusätzlich durch Umwelt und Gesellschaft beeinflusst.

Bewertung von Behinderungen: Die Einstufung des Grades

Der Tag, an dem eine Person den Bescheid über die Einstufung des Grades der Behinderung (Gdb) erhält, kann ein emotionaler Wendepunkt sein. Es ist oft das Ende eines langen Prozesses und der Beginn neuer Möglichkeiten und Herausforderungen.
Die Entscheidung des Versorgungsamtes ist ein wichtiger Schritt, der direkte Auswirkungen auf das Leben von Menschen mit Behinderungen hat.

Die individuelle Begutachtung wird in der Regel von Ärzten durchgeführt, die vom Versorgungsamt beauftragt werden. Diese prüfen in einem persönlichen Gespräch in Form einer Abfrage, wie stark die gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben einschränkt. Das zuständige Versorgungsamt stellt den Grad fest und trifft auf Basis von ärztlichen Gutachten und den vorgelegten Unterlagen eine Entscheidung. Die Bearbeitungsdauer der medizinischen Prüfung beim Versorgungsamt liegt in der Regel zwischen drei und sechs Monaten.

Wenn der Brief dann endlich eintrifft, kann der Moment des Öffnens von starken Emotionen begleitet sein. Im Verlauf der nächsten Tage beginnt bei einem positiven Bescheid dann oft die Planung. Welche Hilfsmittel können nun beantragt werden? Welche beruflichen Möglichkeiten stehen einem offen? Es ist der Moment, in dem neue Perspektiven entstehen und konkrete Maßnahmen ergriffen werden können, um die Lebensqualität zu verbessern.

Falls der Antrag abgelehnt wurde oder man mit dem festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden ist, kann man innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Diese muss schriftlich erfolgen und gut begründet sein.

Die Einstufung des Grades der Behinderung kann überprüft und angepasst werden. Eine Neubewertung erfolgt nach Eingang eines Verschlimmerungsantrages durch das Versorgungsamt.
Auch wenn der Weg nicht einfach ist, bietet die Einstufung des GdB die Möglichkeit, gezielt Unterstützung in Anspruch zu nehmen und die eigenen Ziele neu zu definieren.

Wie sind die Schweregrade an Behinderung eingeteilt?

Die Einstufung des Grades der Behinderung reicht von 20 Prozent bis 100 Prozent. Je höher der Grad der Behinderung eingestuft ist, desto mehr Rechte und Unterstützung stehen den Betroffenen zu.

Bei einer leichten Behinderung liegt der Grad zwischen 20 Prozent und 49 Prozent. Dazu zählen Menschen mit Einschränkungen, die den Alltag zwar erschweren, aber noch gut bewältigen können. Sie benötigen oft nur gelegentliche Unterstützung, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.

Personen mit einem Grad von 50 bis 99 Prozent gelten als schwerbehindert. Das betrifft Menschen, die signifikante Einschränkungen im täglichen Leben haben. Für diese Personengruppe sind spezielle Hilfen, Rechte und Schutzmaßnahmen besonders wichtig, um ihre Teilhabe zu gewährleisten.

Menschen mit besonders schwerer und mehrfacher Behinderung erreichen einen Grad von 100. Sie sind in den meisten Lebensbereichen auf intensive Unterstützung angewiesen. Ihre hohe Beeinträchtigung erfordert ein hohes Maß an individueller Hilfe und Anpassung, damit sie am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

Schwerbehindertenausweis

Einen Schwerbehindertenausweis erhalten alle Menschen, die mindestens 50 Prozent Behinderungsgrad nachweisen können. Er berechtigt dazu, die notwendige Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Dazu gehören steuerliche Entlastungen, Erleichterungen im Arbeitsleben, Vergünstigungen bei Mobilität und Verkehr sowie Entlastungen für Angehörige.

Inklusion: Das Prinzip der gleichberechtigten Teilhabe für alle

„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“, dieser Grundsatz wurde 1994 ein ausdrücklicher Teil des Grundgesetztes. Inklusion bedeutet gleiche Chancen für Menschen mit Behinderungen, dazu gehört das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Hier geht es vor allem darum, Menschen mit Behinderung selbstverständlich einzubeziehen und wertzuschätzen.

Wenn jeder Mensch, mit oder ohne Behinderung überall teilnehmen kann, am Arbeitsplatz, in der Schule, im Kindergarten oder in der Freizeit, sprechen Fachleute von Inklusion.

Inklusion bedeutet also, dass alle Menschen, unabhängig von Behinderungen, ethnischer Herkunft, Alter, Geschlecht oder anderen Merkmalen gleichberechtigt am Leben im Bereich Bildung, Arbeit und Freizeitgestaltung teilhaben können.

Auf dem Weg zur vollständigen Inklusion liegt noch viel Arbeit vor uns. Dennoch stimmt es optimistisch zu sehen, dass weitere Gesetze und Maßnahmen verabschiedet oder in Vorbereitung sind, die darauf abzielen, Barrieren abzubauen und Chancengleichheit für alle zu fördern.
Ein größerer Schritt ist sicherlich, dass im kommenden Jahr das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft tritt. Dann müssen beispielsweise neue Computer und Handys barrierefrei bedienbar sein.

Auch das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes trägt zur Inklusion bei und belohnt Arbeitgeber mit höheren Lohnkostenzuschüssen, wenn sie einen Menschen mit Behinderung in ihrem Betrieb einstellen und beschäftigen. Das geht sogar so weit, dass Arbeitgeber, die keinen einzigen Schwerbehinderten beschäftigen, deutlich höhere Abgaben zahlen müssen.

Das Programm „Altersgerecht Umbauen“ unterstützt diejenigen, die ihr Zuhause barrierefrei gestalten möchten. Auch das Mobilitätsdatengesetz ermöglicht eine transparente Darstellung der Auslastung von Rollstuhlplätzen, die in Bussen und Bahnen bereitgestellt werden.
Zudem schafft die neue DIN-Norm einen barrierefreien Bau von Ladestationen für E-Autos.

Es gibt noch viele Herausforderungen auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft. Nur wo Inklusion tatsächlich stattfindet, können Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt ihre Rechte auf gleichberechtigte Teilhabe in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens in vollem Umfang ausüben.

Veranstaltungen zum Tag der Menschen mit Behinderung

Am 3. Dezember finden zahlreiche Aktionen und Veranstaltungen weltweit statt, die auf Inklusion und Teilhabe aufmerksam machen möchten. Mit dabei sind Betroffenenverbände, Selbsthilfegruppen und Organisationen, um auf Barrieren für Menschen mit Behinderungen hinzuweisen. Auch viele Städte und Kommunen beteiligen sich an diesem Aktionstag mit Informationsständen, Podiumsdiskussionen oder kulturellen Beiträgen.

Diese Events und Aktionen sollen zeigen, wie wichtig es ist, gemeinsam mutig voranzugehen und sich dafür einzusetzen, dass der 3. Dezember nicht nur ein symbolischer Tag bleibt, sondern unser Zusammenleben prägt. Denn jeder Mensch zählt, ganz gleich mit oder ohne Behinderung.

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