Risiken erkennen, Arbeitsunfälle vermeiden
Pflegekräfte sind tagtäglich enormen physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt. Sie können im Flur ausrutschen, weil der Boden durch verschüttetes Wasser glatt ist, mangels Beleuchtung kann ein Sturz im Treppenhaus schnell passieren. Auch ein lose über den Boden verlegtes Kabel kann einen Sturz im Patientenzimmer verursachen. Im Nachhinein ist man immer schlauer und ärgert sich über diese Unfälle, die durch mehr Sorgfalt und Prävention nicht passiert wären. Eine systematische Analyse und sorgfältige Planung mit der Umsetzung gezielter Maßnahmen kann dazu führen, dass die Zahl der Arbeitsunfälle deutlich gesenkt und Mitarbeitern ein sicheres Arbeitsumfeld geboten wird.
Gefahrenquellen für Arbeitsunfälle
Ein zentrales Thema ist die körperliche Belastung, die Pflegekräfte im Alltag tagtäglich leisten müssen. Dazu gehört vor allem das regelmäßige Heben, Tragen und Umlagern der Patienten oder Bewohner, was beispielsweise zu Rückenschmerzen, Verspannungen und Wirbelblockaden führen kann.
Aber auch das lange Stehen während der Schichten oder das Schieben schwerer Rollstühle und Gehhilfen bergen Risiken für Arbeitsunfälle. Hinzu kommen die Gefahren durch rutschige Böden, unübersichtliche Flure oder fehlende Tritthilfen, allesamt Stolper- und Sturzfallen, die zu schweren Verletzungen führen.
Darüber hinaus bestehen Infektionsgefahren durch den Kontakt mit Krankheitserregern aus Körperflüssigkeiten oder Nadelstichverletzungen. Leider gibt es auch aggressive Patienten oder Bewohner, welche das Risiko von Infektionen oder Verletzungen erhöhen.
Eine weitere Herausforderung sind die psychischen Belastungen, die mit dem Pflegeberuf einhergehen. Der ständige Termindruck, Konflikte mit Angehörigen oder der Umgang mit Leid und Tod können auf Dauer zu Erschöpfung, Burnout oder sogar posttraumatische Belastungsstörungen führen und tragen zu Unfallgefahren bei.
Defekte Elektrogeräte oder eine fehlerhafte Handhabung von Sauerstoffflaschen bergen Brand- und Explosionsgefahren, die nicht unterschätzt werden dürfen.
Unfallversicherungsschutz
Bei einer gesetzlichen Unfallversicherung sind alle Beschäftigten über die zuständige Berufsgenossenschaft pflichtversichert. Das bedeutet, dass sie im Falle eines Arbeitsunfalles umfassenden Versicherungsschutz genießen. Die Berufsgenossenschaft übernimmt alle notwendigen Kosten, von der medinischen Versorgung über Rehabilitationsleistungen bis hin zu Entschädigungszahlungen. Im Detail bedeutet das, dass die Unfallversicherung bei Arbeitsunfällen in der Pflege die Heilbehandlung übernimmt, Verletztengeld während der Arbeitsunfähigkeit zahlt und bei der beruflichen Rehabilitation hilft.
Sollte ein Unfall oder eine Berufskrankheit sogar tödlich enden, dann erhalten die Hinterbliebenen des Mitarbeiters ebenfalls Leistungen in Form einer Hinterbliebenenrente. Damit wird Sorge getragen, dass die Angehörigen in dieser schwierigen Situation finanziell abgesichert sind.
Der Versicherungsschutz deckt auch den Fall ab, dass ein Mitarbeiter im Laufe seines Arbeitslebens pflegebedürftig wird. Dann erbringt die Berufsgenossenschaft Leistungen, um die häusliche und stationäre Pflege zu unterstützen.
Darüber hinaus kann eine betriebliche Krankenversicherung einen umfassenden Schutz für Mitarbeiter und deren Familienangehörigen bieten. So können die Pflegekräfte weiter unterstützt werden, Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen und effektiv vorzubeugen.
Schließlich profitieren am Ende nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Patienten oder Bewohner von diesem umfassenden Unfallschutz. Denn je sicherer und gesünder das Pflegepersonal arbeiten kann, desto höher ist auch die Qualität der Versorgung.
Vorgehensweise bei Arbeitsunfällen
Der erste und wichtige Schritt ist natürlich, die Gesundheit und Sicherheit des betroffenen Kollegen schnellstmöglich wiederherzustellen.
Deshalb muss unverzüglich für eine medizinische Erstversorgung gesorgt werden, sei es durch den betriebsärztlichen Dienst oder den Rettungsdienst.
Parallel muss der Arbeitgeber umgehend die zuständige Berufsgenossenschaft über den Unfall informieren. Denn diese übernimmt im Rahmen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes alle weiteren Maßnahmen: Von der Übernahme der Behandlungskosten über die medizinische Rehabilitation bis hin zu möglichen Entschädigungszahlungen.
Die Aufgabe des Arbeitgebers ist es, den Unfallhergang und die Ursachen gründlich zu dokumentieren. Dafür wird sorgfältig ein Protokoll geführt und die Situation analysiert, um künftig ähnliche Vorfälle zu verhindern. Sollten Verbesserungen im Arbeitsschutz erforderlich sein, sollten diese unverzüglich eingeleitet werden.
Im Anschluss sollte der Mitarbeiter einen sogenannten Durchgangsarzt aufsuchen, der eine spezielle Zulassung der Unfallversicherung hat. Seine Hauptaufgaben sind die Erstbehandlung und Begutachtung nach einem Arbeitsunfall sowie die weiterführende Überprüfung des Heilungsverlaufes. Dabei beurteilt der Mediziner, wann der Versicherte wieder arbeiten kann, und leitet ggfs. Rehabilitationsmaßnahmen ein. Zudem berät der Durchgangsarzt Versicherte und Arbeitgeber zu Behandlung, Rehabilitation und Arbeitsschutz. Der Kontakt lässt sich am besten über den jeweils zuständigen Unfallversicherungsträger herstellen.
Auch die psychische Belastung der Beschäftigten sollte nach einem Arbeitsunfall ernstgenommen werden. Dabei hilft das Angebot in Form von Erstgesprächen mit Sozialarbeitern, Vermittlung zu Fachärzten oder spezielle Rehamaßnahmen.
Prävention von Arbeitsunfällen in Pflegeeinrichtungen
Die Leitung einer Pflegeeinrichtung kann verschiedene Maßnahmen zum Schutz der Pflegekräfte ergreifen, um Arbeitsunfälle zu minimieren oder für die Sicherheit der Mitarbeiter Sorge zu tragen.
Zu empfehlen ist ein ganzheitliches Arbeitsschutzkonzept welches alle relevanten Bereiche abdeckt:
Als Ausgangspunkt kann eine umfassende Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden, um gemeinsam mit den Beschäftigten die Hauptrisiken eines möglichen Arbeitsunfalles zu identifizieren. Darauf aufbauend kann die Einführung eines Arbeitsschutzmanagement-Systems helfen, kontinuierliche Verbesserungen umzusetzen. Das fängt bei der Anschaffung eines Patientenlifters an, der das körperlich schwere Heben deutlich erleichtert. Rutschfeste Böden verhindern Sturzunfälle und die Anpassung und Optimierung von Dienstplänen kann zu weniger Überstunden führen und somit Stress der Mitarbeiter reduzieren.
Auch eine hochwertige Schutzausrüstung gehört zu den Präventionsmaßnahmen einer Pflegeeinrichtung. Es sollte sichergestellt sein, dass Mitarbeitern jederzeit eine funktionstüchtige Schutzausrüstung bereitsteht. Dazu gehören neben hochwertiger, funktionaler Pflegebekleidung auch rutschfeste Schuhe.
In regelmäßigen Schulungen kann ein fundiertes Wissen zu Arbeitssicherheit, aber auch vor allem praktische Fertigkeiten für den Pflegealltag vermittelt werden. In praxisnahen Workshops sollte das nötige Wissen und die Fertigkeiten erlernt werden, um Gefährdungen frühzeitig zu erkennen und richtig darauf zu reagieren. Denn nur wenn Pflegekräfte stets sicher und effizient arbeiten können, bringen sie auch die gewünschte Wirkung.
Gleichzeitig ist eine Unterstützung im Umgang mit psychischen Belastungen enorm wichtig. Beispielsweise können Workshops zur Stressreduktion, aber auch individuelle Beratungstermine angeboten werden. Denn nur wer fit und ausgeglichen ist, kann langfristig hochwertige Pflege leisten.
Arbeitsschutz beginnt nicht erst bei der Ausstattung und Qualifizierung. Organisation und Abläufe sollten unter die Lupe genommen werden, um Verbesserungspotenziale zu erkennen. So können beispielsweise die Dienstpläne optimiert werden, um Stress für das Team zu vermeiden.
Besonders wichtig ist es auch, die Pflegekräfte selbst aktiv in den Prozess einzubinden. Schließlich kennen sie die Probleme am besten und haben oft praxisnahe Ideen zu Sicherheitsthemen, die die aktuelle Situation verbessern können. Daher sind Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge ernst zu nehmen und so weit als möglich umzusetzen. Nur so kann ein Arbeitsumfeld geschaffen werden, in dem sich Pflegekräfte sicher, wertgeschätzt und bestmöglich unterstützt fühlen.
Dieser ganzheitliche Ansatz, der Technik, Organisation, Qualifizierung und Mitarbeitereinbindung umfasst, kann der Schlüssel zu einem nachhaltigen und effektiven Arbeitsschutz in Pflegeeinrichtungen sein. Denn so kann die Sicherheit und Gesundheit des Teams dauerhaft verbessert werden, zum Wohl der Beschäftigten sowie der Patienten und Bewohner.